Nährwert-Ampel für Lebensmittel: Wann erfahren Konsumenten tatsächlich, was sie essen?
Verbraucherschutzminister in der EU haben dieser Tage einen schwierigen Stand. Konsumentenschützer fordern verstärkt eine verbindliche Kennzeichnung von Lebensmitteln mit Nährwertangaben, mit denen der Konsument etwas anfangen kann.
Die Nährwert-Ampel ist seit längerem eine Forderung von NGOs wie der Plattform Foodwatch. Die Lebensmittelindustrie sieht bei der Ampel schon von vornherein "rot" und ein "Zwangssystem".
Was ist tatsächlich in den Lebensmitteln?
Der Konsument steht derweil mit seinen Fragen bezüglich einer gesünderen Ernährung weiter ratlos weil uninformiert da. Wer heute beispielsweise einen Becher Fruchtjoghurt kauft, der erfährt zwar,
wie viele Kilokalorien 100 Gramm des Joghurts aufweisen und wie viel Fett und Eiweiß im Joghurt enthalten sind.
Aber wie viel Gramm Zucker in einem Fruchtjoghurt enthalten sind, erfährt er nicht. Und bedenkt man, dass ein Becher Fruchtjoghurt zwischen 75 kcal und 130 kcal aufweist, dann darf man vermuten, dass sich der Kalorienwert nicht nur am Anteil der Früchten und des Fetts in der Milch bemisst - sondern eben am Geschmacksträger Zucker.
Bei dem Ampel-Modell stehen Rot, Gelb und Grün für einen hohen, mittleren oder niedrigen Anteil an Zucker, Salz oder Fett. Auf jeder Packung von (vor allem verarbeiteten) Lebensmitteln würde bei den Punkten Fett, Zucker und Salz eine eigene farbliche Kennzeichnung angebracht.
In Großbritannien gibt es diese Regelung bereits auf freiwilliger Basis. Im größten EU-Land Deutschland hatten Wirtschaft und der frühere Verbraucherschutzminister und jetzige bayrische
Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ein System vereinbart, bei dem Kalorien, Zucker, Fett, Salz und gesättigte Fettsäuren in Prozent des Tagesanteils angegeben werden. Seehofer hatte sich für ein Farbsystem ausgesprochen, nachdem eine Umfrage hierfür eine Mehrheit in der Bevölkerung ergeben hatte.
Foodwatch: Klare Mehrheit für Kennzeichnung
Eine klare Mehrheit für die Nährstoff-Ampel weiß auch die deutsche Foodwatch hinter sich, die eine Emnid-Umfrage unter 1.000 Personen beauftragt hatte, von denen sich 66 Prozent für eine Ampel
aussprachen. In Österreich fordert etwa die Arbeiterkammer seit langem eine klare Nährstoffkennzeichnung von Lebensmitteln.
Industrie: "Schwarz-Weiß-Malerei"
Lebensmittelproduzenten wiederum befürchten eine Irreführung der Verbraucher und, wie sie sagen, eine vereinfachende "Schwarz-Weiß-Malerei": Die Ampelfarben suggerierten dem Konsumenten, er könne
sich ohne weiteres Nachdenken einfach gesund ernähren, wenn er nur möglichst viele Lebensmittel mit grünen Punkten kaufe.
Die Ampelgegner, so erinnerte jüngst der Berliner "Tagesspiegel", führten wiederum ins Treffen, dass man Lebensmittel nicht per se in "gute" oder "schlechte" einteilen könne - je nach Konstitution und Alter hätten Menschen schließlich einen unterschiedlichen Nährstoffbedarf. Auch würde eine Flasche Olivenöl dann einen roten Kleber bekommen, obwohl Olivenöl nachweislich gesund sei.
Die Stoßrichtung der Konsumentenschützer geht vor allem in Richtung verarbeitete Lebensmittel, bei denen sich der Verbraucher eben keine Informationen über Zucker- und Salzgehalt holen könne (beim Salzgehalt gibt die Industrie immer "Natrium" an, was allerdings nicht 1:1 den Salzgehalt wiedergibt).
Wie reagiert die EU?
Die neue deutsche Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) schließt einen deutschen Alleingang in dieser Frage dezidiert aus. In Deutschland könne es nur eine freiwillige Lösung geben, "während
das Verfahren auf europäischer Ebene läuft", sagte sie am Mittwoch gegenüber dem ARD-"Morgenmagazin".
Und auf europäischer Ebene dürfte das noch ein langwieriger Prozess werden - wegen der Interessen der starken Lobby der Nahrungsmittelindustrie. Zwar setzt sich die EU für klare Salzgrenzwerte bei Brot ein - wenn der Konsument aber genauer wissen will, was in welchem Lebensmittel drinnen ist, ist Europa auf zumindest einem Ohr taub.
Der Artikel stammt von der Webseite: www.foodwatch.de
Der Zahlensalat auf den Lebensmittelverpackungen